AufgeGRIFFen

Das Jahr 2021 startete grifflos. Damit folgt bic.PR nicht etwa dem Trend nach cleaner, puristischer Möbeloptik. Vielmehr findet sich erstmals kein Kunde aus dem Zierbeschlagbereich mehr im Kundenportfolio. D-Beschlag führte bereits Mitte 2017 „wichtige betriebliche Gründe“ ins Feld. Die Schwinn Beschläge GmbH wurde zum 1. Februar 2021 in die KSB GmbH Klügel Schwinn Beschläge mit neuer personeller Konstellation überführt.

Auf dem stark preisgetriebenen Markt der Zierbeschlaghersteller gehören beide Unternehmen zu den letzten mit Produktionsstandorten in Deutschland. Messepräsenz zeigten sie zuletzt vielversprechend auf der ZOW 2020. Da hatte Oliver Hoffmann, Geschäftsführer der Schwinn Beschläge GmbH, bereits den Gang zum Amtsgericht Darmstadt angetreten und ein Plan-Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragt. Das war am 19. Dezember 2019. Während Schwinn unter Hoffmanns Federführung und mit Unterstützung von bic.PR die Situation des Unternehmens in der Insolvenzphase kontinuierlich und progressiv kommunizierte, ging die Meldung, dass auch D-Beschlag im März 2020 ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragt hatte, in der allgemeinen Corona-Problemlage fast unter.

Nun also ist die Schwinn Beschläge GmbH Vergangenheit, Oliver Hoffmann ausgestiegen und bic.PR grifflos unterwegs. Wie es weitergeht in Ober-Ramstadt, darüber informierte die neue KSB GmbH bereits: Der bisherige Personalchef Jens Klügel hat das Unternehmen samt Marken, Geschmacksmustern und Produkten gemeinsam mit dem – nicht mit der Gründerfamilie verwandten – Co-Investor Sven Schwinn im Rahmen eines Asset-Deals übernommen. Beide wollen die von der Marke Schwinn traditionell verkörperten Werte fortführen. Aus einem Bericht des EUWID Holz und Möbel vom 4. Februar 2021 geht zudem hervor, dass die am deutschen Standort angesiedelte Produktion von Kunststoffbeschlägen bereits stillgelegt wurde. Gefertigt werde nun vor allem bei Schwinn in Krakau, aber auch bei Partnerbetrieben in Asien.

Was wird aus „der Wiege des Zierbeschlags“?

So könnte nun tatsächlich in Luckenwalde – in „der Wiege des Zierbeschlags“, wie bic.PR damals den Bericht zum 25-jährigen Unternehmensjubiläum von D-Beschlag überschrieb – einer der letzten deutschen Produktionsstandorte eines Zierbeschlagherstellers erhalten bleiben. Erst 2017/18 hatte D-Beschlag dort zumindest in die Produktion von Aluminium-Griffleisten investiert. Zuvor scheint aber das personelle Fundament des Unternehmens, auf das Geschäftsführer Holger Schmidt gesetzt hatte, zu bröckeln: Im Wohn-Markt-Magazin inside war am 26. Februar 2021 zu lesen, dass Olaf Tödtmann, der erst im August 2020 als Geschäftsleiter Vertrieb und Marketing zu D-Beschlag kam, das Unternehmen zu Ende Februar bereits wieder verlassen habe. Auch sei ihm Vertriebsleiter Michael Bänsch gefolgt.

So darf man gespannt sein, was sich auf dem deutschen Markt für Möbelgriffe aus Alu, Stahl und Zinkdruckguss in nächster Zeit tut, wie stark andere europäische Hersteller und vor allem Händler mit ihren vorwiegend in Asien hergestellten Produkten hereindrängen. Zuweilen hilft ein Blick zurück, um sich die gravierenden Veränderungen vor Augen zu führen: 2003 tauchten mit Becker Beschläge, D-Beschlag, Fennel, Hettich Strothmann, Huwil, Schüco Design, Schwinn und Union Knopf noch acht namhafte Unternehmen mit deutschem Produktionsstandort im Interzum-Katalog auf. Im März 2021 besteht gerade noch die Hälfte.


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