Schwinn, quo vadis?

Seit mehr als 90 Jahren behauptet sich die Marke Schwinn nun schon auf dem Markt für Möbelzierbeschläge. 1932 von Peter Schwinn in Ober-Ramstadt als Kunstharzdreherei mit zwei Mitarbeitern gegründet, entwickelt sie sich mit Möbelgriffen, -knöpfen, -füßen und Garderobenhaken zu einem kompetenten Entwicklungspartner für die Wohnmöbel-, aber auch die Küchen- und Badindustrie weltweit sowie für den Fachhandel. Von der Produkt- und Designentwicklung über den Werkzeugbau und die Produktion bis hin zur vielfältigen Oberflächenveredelung und Montage der Zierbeschläge bekommen Kunden alles aus einer Hand. Die 1994 gegründete und 2003 erheblich mit Produktionskapazitäten erweiterte Schwinn Polska in Krakau spielt stets eine wesentliche Rolle.

Viele Turbulenzen schütteln das Unternehmen kräftig durch. Erstmals kriselt es 2006 als Adam Schwinn wegen Meinungsverschiedenheiten mit seinen Kindern Adriane und Markus aus dem Unternehmen ausscheidet. Das Vertrauen der Banken schwindet und das Unternehmen muss Insolvenz anmelden. Zum 1. Januar 2007 erwirbt die Beteiligungsgesellschaft Finatem die wesentlichen Anteile der Schwinn GmbH. Die Familie Schwinn steigt komplett aus. Die deutschen Standorte sowie die ausländischen Töchter firmieren fortan unter Schwinn Beschläge GmbH. Im Dezember 2015 veräußert die Finatem die Schwinn-Gruppe an die DUBAG Beteiligungsgesellschaft. Doch schon 2019 kommt es zur Schließung des Standortes Weimar und zur erneuten Insolvenz. Der Sanierungsprozess zieht sich auch wegen der Coronapandemie bis Ende 2020 hin.

Mit hehren Zielen startet am 1. Februar 2021 schließlich die KSB GmbH Klügel Schwinn Beschläge. Der Personalchef der insolventen Vorgängergesellschaft Jens Klügel übernimmt das Unternehmen samt Marken, Geschmacksmustern und Produkten gemeinsam mit dem – nicht mit der Gründerfamilie verwandten – Co-Investor Sven Schwinn im Rahmen eines Asset-Deals. Da ist die am deutschen Standort Ober-Ramstadt angesiedelte Produktion von Kunststoffbeschlägen bereits stillgelegt. Gefertigt wird fortan zu 90 Prozent bei Schwinn in Krakau, zu zehn Prozent bei Partnerbetrieben in Asien. Die KSB GmbH selbst siedelt sich in Heppenheim an. Jens Klügel übernimmt die Geschäftsführung und Sven Schwinn als Prokurist die Leitung des Vertriebs. Beide wollen die von der Marke Schwinn traditionell verkörperten Werte fortführen.

Jetzt geriet das Unternehmen selbst in Zahlungsschwierigkeiten, so dass Klügel den Gang zum Amtsgericht antreten musste. Dem Antrag wurde am 13. Februar 2024 stattgegeben. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter ist Rechtsanwalt Mirko Lehnert von der Kanzlei Schiebe und Collegen, Julius-Reiber-Straße 15, 64293 Darmstadt, Tel.: 06151-396820, Fax: 06151-3968220, bestellt worden.

Trotz aller Turbulenzen besteht Schwinn von allen deutschen Marken für Möbel-Zierbeschläge und -Accessoires am längsten. Dieser Besonderheit waren sich auch Jens Klügel und Sven Schwinn bewusst, als sie vor zwei Jahren mit ihrer KSB GmbH die Marke übernahmen. So strebten sie bereits vor dem Nachfrageeinbruch im letzten Jahr einen Sanierungsprozess gemeinsam mit einer Wirtschaftsberatung an. Noch im Januar waren sie mit 18 Mitarbeitern von Heppenheim nach Darmstadt umgezogen. Von hier aus sollte das Motto „made in Europe – made by Schwinn“ neue Impulse erfahren.

bic.PR betreute das Unternehmen seit 2019 mit Unterbrechungen und hatte zuletzt den mit Arreda Systems und Wessel gemeinsam organisierten Auftritt auf der Sicam fachpressetechnisch begleitet. Anfang dieses Jahres wollte man in eine sich seit Oktober 2023 anbahnende kontinuierliche Zusammenarbeit starten.

Nun steht die Zukunft der Marke aber erneut auf der Kippe. Anfang Mai soll sich endgültig herausstellen, ob es weitergeht, wenn ja, wie, und welche Rolle die Schwinn Polska mit 130 Beschäftigten dabei spielt.


« zurück zur Übersicht

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.